An einem heißen Sommertage lief ein Burgstädter Einwohner über den Taurastein seiner Heimat zu. Von der Hitze ermattet, legte er sich im Waldesgrün nieder und fiel in einen tiefen Schlaf.

Plötzlich rief ihm eine Stimme zu: „Steh auf und folge mir. Ich führe dich zu deinem Glück.“ Erschrocken erhob sich der Mann und bemerkte, dass es finstere Nacht war und dass die Stimme, die ihn geweckt hatte, einem kleinen grauen Männchen gehörte. Mit unsichtbarer Macht zog es ihn, diesem zu folgen. Bald standen sie vor einer Höhle, in der Haufen von hellleuchtendem Golde lagen. Da sagte der Graue: „Jetzt sind wir am rechten Orte. Alles, was du hier siehst, soll Dein sein, und du bist alle deine Sorgen los. Nur eine Kleinigkeit wünsche ich von dir: Dein Weib gebar ein Knäblein, das sollst du mir für all das Gold schenken, damit es mir mit Leib und Seele gehöre.“

Da nahm der fromme Burgstädter schnell ein Kreuz und hielt es dem Verführer entgegen. Plötzlich stürzten die Felswände krachend ein, und das Gold sank in die Tiefe hinab. Der Mann aber fiel mit bleichem Gesicht wie leblos zwischen dem Gestein nieder. Als der Morgen erwachte, wurde gar feierlich in der nahen Stadt das Pfingstfest eingeläutet. Zu Hause begrüßte ihn sein Weib, das ihm in der Nacht ein Söhnchen geboren hatte. In Windeseile verbreitete sich die Kunde von dem seltsamen Erlebnis des Mannes in der Stadt. Alt und Jung eilte nach dem Taurastein, ob man noch etwas von dem Golde sehen möchte. Doch jede Spur von der reichen Schatzkammer war verschwunden.

Quelle: https://www.gemeinde-taura.de/seite/261933/heimatsagen.html / Dr. A. Meiche: Sagenbuch des Königreiches Sachsen, Leipzig, 1903 in Sagensammlung Band 2

Blick auf den Taurasteinturm (Quelle: Sagenhaftes Mittelsachsen)
Blick auf den Taurasteinturm (Quelle: Sagenhaftes Mittelsachsen)
Das graue Männchen im Taurastein (Quelle: Sagensammlung, Bd. 2; S. Pretscheck)
Das graue Männchen im Taurastein (Quelle: Sagensammlung, Bd. 2; S. Pretscheck)