In Kriegszeiten, vielleicht als die Leisniger auf Rochsburg sich an der Rabensteiner Fehde beteiligten, soll die Burg auf denkwürdige Art gerettet worden sein: Die Fehdebriefe waren übergeben, die Festung schon dicht von feindlicher Übermacht umringt. Mit Sorge blickte die Besatzung von den Zinnen. Noch war die Zugbrücke hochgezogen und im Wallgraben warteten hungrige Bären auf Futter. Doch in absehbarer Zeit musste dieses Hindernis mit Baumstämmen überwunden werden. Dann würden sich die Feinde mit Rammböcken Einlass verschaffen. Schon jetzt erreichten ihre Brandpfeile das eichene Tor.
Da erinnerte sich der Vogt eines Imkers, den er vor wenigen Wochen samt seinen Bienen aus der Nachbarschaft hatte vertreiben lassen, weil ein Körperteil des Burgherrn höchstpersönlich Ziel eines Insektenstichs geworden war. Eine Küchenmagd, die mit dem Imker näher bekannt war, wusste, wo der Mann zu finden war. Sie verließ die Burg durch den Geheimgang und kehrte nach einiger Zeit auch glücklich mit ihm und zwei Bienenkörben auf dem gleichen Weg zurück. Der Imker soll die gefährliche Partie dann noch ein paar Mal gewagt haben, bis alle seine Beuten auf dem Turm beim Burgtor bereitstanden.
Das Weitere ist schnell berichtet: Die Zugbrücke wurde heruntergelassen, die Verteidigung zum Schein aufgegeben. Die jubelnden Belagerer drängten herein, keiner wollte beim Plündern der letzte sein. In diesem Augenblick warf der Imker seine Körbe in die Tiefe. Die barsten, es sirrte und summte zornig, die wild gewordenen Insekten krabbelten unter die Sturmhauben und Brustpanzer, unter die Harnische der Rösser. Panik brach aus, die Nachdrängenden glaubten sich einem machtvollen Ausfall der Verteidiger ausgesetzt und hetzten in gestrecktem Galopp bergab.
Nachdem die Bienen sich halbwegs beruhigt hatten, mussten die Rochsburger nur noch die weggeworfenen Spieße und Schilde und die herrenlosen Pferde einsammeln und das glückliche Ende der Belagerung feiern. Ob das Fest zugleich die Hochzeit des unerschrockenen Imkers mit der Küchenmagd war, darüber schweigt die Chronik, die ja stets nur von Vermählungen in höhergestellten Kreisen berichtet. Jedenfalls hinderte ihn fortan niemand mehr, seine Körbe bei der Rochsburg aufzustellen. Nach seinem Tod soll ihm ein Ehrenbegräbnis zuteil geworden sein.
Quelle: R. Röhner: Burgen, Schätze, Spukgestalten, Chemnitzer Verlag, 1996 in Sagensammlung Band 2