Es lebte einmal, kurz vorher, ehe die Schweden ins Land fielen, in Waldheim ein alter Geizhals. Als der sein Ende nahen fühlte, füllte er sein Gold in einen großen Topf und vergrub es heimlich auf dem Eichenberge. Bald darauf starb er und seine Erben kehrten vergeblich das ganze Haus um. In dem Eichbusche aber sah man seit jener Zeit in stiller Mitternacht einen Lichtschein an der Stelle, wo der Schatz vergraben war, und daneben saß unsichtbar der Geist des Alten und zählte jede Nacht sein Geld.

Nun aber lebte viel später in Waldheim ein junges Paar, das sich herzlich liebte. Er war ein armer Handwerksgeselle und sie ein fleißiges, sparsames und tugendhaftes Mädchen. Sie beschlossen trotz ihrer Armut zu heiraten. Das Mädchen aber war ein Sonntagskind. Eines Tages erschien ihr der nach Erlösung schmachtende Geldgeist und forderte sie auf, ihm zu helfen. Die Mutige folgte ihm. Im Hofe hieß er sie einen schweren Spaten ergreifen und mit ihm zum Eichberge zu gehen. Sie kamen an die Stelle, wo ein Lichtlein blinkerte. Der Geist befahl: „Grab, grab, aber sprich kein Wort.“ Wacker grub das furchtlose Mädchen. Da stand der mit Geld gefüllte Topf vor ihr. Sie griff zu, hob ihn heraus und trug ihn schweigend heim. Als sie die Haustür schloss, verlosch auch das Grubenflämmchen. Der Geist hatte die ersehnte Ruhe gefunden. Die tapfere Magd aber wurde eine getreue Hausfrau. Das Loch auf dem Eichberge hieß fortan die „Jungferngrube“.

Moderne Fotoaufnahme zur Sage der Jungferngrube auf dem Eichberg bei Waldheim (Quelle: Dirk Schönfuß)
Moderne Fotoaufnahme zur Sage der Jungferngrube auf dem Eichberg bei Waldheim (Quelle: Dirk Schönfuß)