Heut lasst mir kündend sagen

aus längst verschwundener Zeit,

was einst sich zugetragen

an Freude, Glück und Leid.

Dort wo heut grüne Weiden,

zog einst durch dunklen Tann,

in jenen alten Zeiten

ein rüstger Jägersmann.

Er folgt des Bächleins Pfade,

das munter plätschernd fließt,

hin zu des Felsens Grate,

der ferne freundlich grüßt.

Bald ist er denn erstiegen,

weit schweift der Blick das Tal entlang,

bis tief im Grund zu seinen Füßen

er Ruhe fand auf Mooses Bank,

um nach dem langen Jagen,

zu stillen Hungers Not,

den müden Laib zu laben

am kargen Bissen Brot.

So freut er sich des Morgens,

der flammend ihn umloht,

nicht ahnend, dass verborgen,

so nahe harrt der Tod.

Denn sieh, aus des Felsens klaffenden Grund,

über Mooses weiche Kissen,

eine Schlange sich windet

mit gierigem Schlund,

zu haschen des Brotes Bissen.

Und seines Herzens Kammer

ergreifts mit kalten Wehn,

befreit von Leid und Jammer,

blieb das Lebensuhrwerk stehn.

Sein Kopf sank ihm hernieder.

das Mahl entfiel der Hand,

rasch durch die müden Glieder

des Lebens Hauch entschwand.

Und als in Waldes Buchen,

der Sonne Strahl versank,

man nach viel langem Suchen

den stillen Schläfer fand.

Sein Antlitz überstrahlet

des Tages letztes Rot.

Sein Leben galt dem Wirken,

der Pflicht bis in den Tod.

Willst du noch einmal schauen

das Wunder dieser Mär,

zieh hin durch grüne Auen,

zur Kirche Pforten her.

Dort kannst du noch erblicken

ein wuchtig steinern Mal,

dem Jägersmann gewidmet

am Ziele seiner Bahn.

So ward dem Greis beschieden

nach Lebens Müh und Pein,

des Todes stiller Frieden

am Felsen „Lichtenstein“.

Herbert Felgner, Goßberg, 1930er Jahre

(Quelle: Sagenhaftes Mittelsachsen, Modellprojekt 2017; Fördergesellschaft Regio Döbeln)
(Quelle: Sagenhaftes Mittelsachsen, Modellprojekt 2017; Fördergesellschaft Regio Döbeln)